Anlässe, Fragen und Träume. Edition Tandem Verlag, Salzburg 2024.
In vielen unterschiedlichen Wirkungsbereichen hat sich Brita Steinwendtner innerhalb der literarischen Welt einen Namen gemacht: als Schriftstellerin, ORF-Mitarbeiterin für Hörfunk und Fernsehen, Lehrbeauftragte an diversen Universitäten und von 1990 bis 2012 als Intendantin der Rauriser Literaturtage. Neben ihren Romanen, Erzählungen, Gedichten sowie den Bänden über Dichterlandschaften hat sie eine Fülle von Essays und kürzeren Texten geschrieben, die erstmals in einer Auswahl im vorliegenden Band „Anlässe, Fragen und Träume“ nachzulesen sind. In ihren sehr persönlichen Zugängen zu Autorinnen und Autoren, zu Büchern und unserem Umgang mit Zeitgeschichte zeigt sie, auch in den Erinnerungen an ihre Kindheit, voll Wärme, Kenntnis und Respekt, wie sehr Literatur in allen ihren Facetten ein Abbild des Lebens ist, das unsere Hoffnungen und Enttäuschungen, unser Scheitern und unser Glück widerspiegelt.
„Anlässe, Fragen und Träume“ erscheint als Band 5 der Reihe tandem : essay, in der bislang Christoph Janacs, Ludwig Laher, Renate Welsh und Dietrich Rall beachtenswerte Essaysammlungen vorgelegt haben.
Rezensionen, Statements, Briefe
Günter Helmes Eine Weltenbummlerin ganz eigener Art. Brita Steinwendtner stellt andere – und sich selbst vor.
Seit über drei Jahrzehnten ist die mit etlichen Preisen und Auszeichnungen bedachte Brita Steinwendtner mit Romanen, Erzählungen, Essays, Drehbüchern, Lyrik und mit Hörfunkarbeiten dauerhaft nicht nur in der Kulturlandschaft Österreichs präsent. Darüber hinaus hat sie sich über die Jahre als Herausgeberin, Regisseurin und als Intendantin der Rauriser Literaturtage (1990-2012) einschlägig profiliert. Ihre beiden letzten Buchveröffentlichungen – der von imponierendem Einfühlungsvermögen, tiefer Humanität und mitreißender Sprach- und Gestaltungskraft zeugende historische Roman Gesicht im blinden Spiegel (2020) und das ebenso intensiv durchdringende wie leichtfüßig daherkommende „Geflecht“ aus Autobiographie, „Landschaften und Lebensgeschichten“ An den Gestaden des Wortes. Dichterlandschaften (2022) – bestätigten, dass sie zu den großen deutschsprachigen Autorinnen der Gegenwart zählt.
Anlässe, Fragen und Träume stellt eine kleine, 27 Einzelbeiträge umfassende Auswahl aus hunderten, über die Jahrzehnte entstandenen Beiträgen der zuletzt mit dem brillanten historischen Roman Gesicht im blinden Spiegel (2020) und dem „Geflecht“ aus Autobiographie, „Landschaften und Lebensgeschichten“ An den Gestaden des Wortes. Dichterlandschaften (2022) hervorgetretenen Autorin dar. Mehrheitlich handelt es sich um bereits Veröffentlichtes, darunter auch drei gekürzte Fassungen, zwei davon zudem bearbeitet. Aufgenommen wurden aber auch der den Band beschließende Originalbeitrag Träume dir dein Leben schön … sowie acht Erstveröffentlichungen.
Der Band handelt von Etlichem, von Historischem (Kap. „Zerstörte Hoffnung“), von der Kindheit (Kap. „Kindsein)“, vom Schreiben im Besonderen und von der Kunst im Allgemeinen (Kap. „Fabulieren und fragen“). Vor allem aber, in den Kapiteln „Spurensuche“ und „Anlässe“, von einer ganzen Reihe von Autorinnen und Autoren und deren Leben und Schreiben. Denn: „Unter den Variationen des Widerstands ist die Literatur eine der wirkmächtigsten.“
Um mit diesen Autorinnen und Autoren, deren Porträts hier im Zentrum stehen, zu beginnen: Diese reichen, was das Geburtsjahr anbelangt, von den um 1900 das Licht der Welt erblickenden Theodor Kramer und Erich Landgrebe über die den 1920ern angehörenden Rudolf Bayr, Ilse Aichinger, H.C. Artmann und Friederike Mayröcker zu den um 1940 geborenen Walter Kappacher, Peter Handke und Bodo Hell; mit Peter Stephan Junck, Hubert von Goisern, Erwin Einzinger, Christoph Ransmayr und Karl- Markus Gauß dann geht es in die 1950er und mit Ilija Trojanow und Juri Andruchowytsch schließlich in die 1960er Jahre.
Was unter anderem auffällt: Dass sich die Autorin, selbstverständlich auch mit jüngeren ‚Semestern‘ wertschätzend vertraut, für die hier zur Rede stehende Auswahl mehrheitlich doch für solche Autorinnen und Autoren entschieden hat, denen, die Jüngeren schon zumindest auf der Schwelle zum Alter, so oder so bereits eine gewisse Klassizität anhaftet. Mag diese sich nun in Auszeichnungen wie insbesondere im Fall von Handke und Kappacher, im Urteil von be- wie erlesenen Insidern wie im Fall von Rudolf Bayr oder aber in einer literatursoziologischen Sonderstellung wie im Fall von Andruchowytsch niederschlagen.
Nicht zu übersehen ist zum anderen, dass es sich mit Ausnahme der beiden zuletzt Genannten allesamt um Österreicherinnen bzw. Österreicher handelt. Den beiden Ausnahmen haftet von daher etwas Programmatisches – Polit-Programmatisches – an, ebenso wie dem Buch selbst, das in zweifachem Sinn, auf die Autorin bezogen wie auf die von ihr Porträtierten, einen gewissen Vermächtnischarakter hat. Aber vielleicht ist dieses Buch ja auch ,nur‘ ein Zwischenprodukt auf dem Weg zu einem weiteren Roman – zu hoffen wäre das jedenfalls.
Zum dritten wird man bei der Lektüre rasch gewahr, dass Steinwendtner bei aller professionellen Distanz und partiellen Kritik – „Verstrickung“ beispielsweise von Landgrebe und Bayr „in den Nationalsozialismus“ – diesen ihr meist persönlich bekannten oder eng verbundenen Autorinnen und Autoren als Bewundernde begegnet. Als eine empathische, u.a. vom Existentialismus der Sartre und Camus geprägte Leserin und Kollegin nämlich, der es ein tief empfundenes Anliegen ist, insbesondere die bereits Verstorbenen – sie machen die Hälfte der Portraitierten aus – in Erinnerung und im Gespräch zu halten.
Schließlich werden sich gewiss einige Leserinnen und Leser verwundert fragen, warum unter den sechzehn Porträtierten nur zwei Frauen zu finden sind, wo sich aus dem österreichischen Raum doch beispielsweise mit Ingeborg Bachmann, Barbara Frischmuth, Marianne Fritz, Marlen Haushofer, Elfriede Jelinek oder Christine Lavant eine ganze Anzahl weiterer Autorinnen geradezu aufgedrängt hätten. Diesen Leserinnen und Lesern ist zum einen zu antworten, dass sich Steinwendtner über einige der Genannten und weitere nicht Genannte anderenorts geäußert hat oder sie in den vorliegenden Beiträgen beiläufig erwähnt. Zum anderen hätte eine solche Entscheidung aber wohl die Konsequenz gehabt, auch Beiträge über eine an dieser Stelle im Einzelnen nicht aufzuzählende beträchtliche Anzahl weiterer Autoren aufzunehmen bzw. zu schreiben, auch solche aus Deutschland und aus dem internationalen Raum. Stellvertretend mögen hier nur Bruce Chatwin, Hans Magnus Enzensberger, Friedrich Hölderlin, Archibald MacLeish, Arthur Miller, Ippolito Nievo, August von Platen, Adalbert Stifter, Carl Zuckmayer und Stefan Zweig genannt sein, über die Steinwendtner ebenso einschlägig gearbeitet hat wie über Autorinnen wie Tanja Blixen und Ruth Klüger.
Nachfolgend Schlaglichter auf die bei aller Anlass geschuldeten Engführung doch wesentliche Züge des Menschen, des Werks oder der jeweiligen Zeit herausstellenden, selbst immer wieder poesiedurchdrungenen, doch stets analytisch grundierten Ausführungen Brita Steinwendtners über die zuvor genannten Autorinnen und Autoren. Verbunden mit dem Hinweis, dass der Friederike Mayröcker gewidmete, dreiseitige Text Für Friederike in Gänze reine Poesie ist und um jene „4. Stunde des Tages“ kreist, da „man illuminiert“ ist.
Folgt man Brita Steinwendtner in ihren im Übrigen wohlbegründeten Perspektiven auf diese Autorinnen und Autoren, könnte man diese tendenziell drei Gruppen zuordnen – Berührungspunkte und Überschneidungen zwischen den Gruppen verstehen sich dabei von selbst: Einer solchen zum einen, die mehr metaphysisch-existenzialistisch ausgerichtet ist, einer zweiten zum anderen, die man ob ihres gesellschaftlich-politischen Grundimpulses der engagierten Literatur zuschlagen würde, einer dritten schließlich, für die Wahrnehmungsmodalitäten und Ästhetisches im Vordergrund stehen. Wie prekär diese Gruppenbildung freilich ist, kann man beispielsweise an den verhandelten Juri Andruchowytsch, Erwin Einzinger, Peter Stephan Jungk und Ilija Trojanow erkennen, deren Werk sich auf je eigene Weise einer Gruppenzuordnung entzieht.
Juri Andruchowytsch zum einen, zugleich „Botschafter der ukrainischen Widerstandsbewegung“ und „Zauberkünstler mit Stilen, literarischen Formen und globalen Traditionen“, habe mit seinen frühen Romanen das „Chaos der Welt kennenlernen“ wollen, heißt es. Im aktuellen Roman RadioNacht werde „immer wieder die gegenwartsgesättigte Frage nach Schuld, Verstrickung, Flucht und nach dem Sinn unserer Existenz“ gestellt.
Erwin Einzinger zum anderen, in den 1970er Jahren der „Wilde“, der „Revolutionär der Sprache, der Jongleur der Form und der Zerstörer des gewohnten Blicks“, habe mit seinen dem „Fragmentarische[n]“, dem „Augenblick“, dem „Zusammenhanglose[n]“ und der „wahllose[n] Simultaneität des Lebens“ zugewandten Texten versucht, „im Leser Widerstand zu wecken gegen das gedankenlose Funktionieren im gesellschaftlichen Gefüge“.
An dem „begnadete[n] Erzähler“ Jungk zum dritten werden die seit Jugendtagen ausgeprägten Seiten „Aufbegehren“ und „Träumen“ hervorgehoben. Die Figuren seiner Romane und Erzählungen, seiner Hörspiele und Drehbücher seien allesamt „Suchende“. Sie forschten nach „der Realität und der Transzendenz, den Grausamkeiten der Historie des 20. Jahrhunderts sowie den schillernden Verführungen der Existenz.“
Schließlich der eminent „welthaltig[e]“ Ilija Trojanow. Der, misstrauisch gegenüber „großem Optimismus“ und von „unbändiger Freude am Kombinieren und der Lust am Fantasieren“ getragen, sei „besessen und beseligt zugleich vom Glauben an die Kraft des Menschen, sich eine bessere, gerechtere Welt zu erdenken und zu erarbeiten“.
Doch bei aller angesagten Skepsis zurück zu den drei behaupteten Gruppen.
Der ersten, metaphysisch-existenzialistisch ausgerichteten Gruppe sind der „Fischer-Dichter vom Attersee“ Hans Eichhorn, der „Schriftsteller, Musiker und Naturkundler“ Bodo Hell, der schon zu Lebzeiten „vergessen[e], verfemt[e] und bis wenige Monate vor seinem Tod verbannt[e]“ Theodor Kramer, der „Dichter-Maler“ Erich Landgrebe sowie der im Mai d. J. verstorbene „Meister der Andeutung“ Walter Kappacher zuzurechnen.
Sei für Eichhorn und dessen „Bestandsaufnahme des Alltags“ die Nähe zur „abgrundtiefen existenziellen Angst Georg Trakls […] und dem nüchtern-apokalyptischen Blick Franz Kafkas“ charakteristisch, mache es Hell aus – der wird aktuell seit drei Wochen im Dachsteingebirge vermisst, wo er als Sommerhirte tätig war –, das „mühsame, extrem arbeitsintensive Almleben“ und das Reflektieren „über das Leben in der Natur […] zu einem Kernthema seines Schreibens“ erkoren zu haben. Kramer habe den „Hymnus auf den Trost und den Zauber der Natur, den Abgesang auf jegliche Gewalt, die soziale und politische Geschichte seiner Zeit“ geschrieben, während es Landgrebe – Steinwendtner hat Texte von ihm ebenso herausgegeben wie solche von Rudolf Bayr – „um die Mühsal des Lebens, die Spuren von Irrtum und Weisheit im Ablauf der Tage, der Geschichte und im Ablauf eines Schicksals, das größer ist als wir“, gegangen sei. Kappacher mit seinem „illusionslosen Blick auf das Dasein“ schließlich – es geht um dessen Italienbild – sei es dank seiner Sprache und der „Scheu und Ehrfurcht seiner friedenssehnsüchtigen Fantasie“ gelungen, „ein Stück Land, eine Handvoll Menschen“ vor dem Vergessenwerden zu bewahren.
Die zweite, gesellschaftlich-politisch orientierte Gruppe bilden die Preisträgerin (1952) der Gruppe 47 Ilse Aichinger, der „große[]Dichter“, „brillante[] Essayist[]“ und „Kultur- und Gesellschaftskritiker“ Rudolf Bayr, der als „politischer Autor“ zugleich pragmatisch und moralisch argumentierende „Katalysator im Literatur- und Kunstbetrieb“ Karl-Markus Gauß, der „Klassiker der Musikszene“ („Alpenrock“) und – unter seinem Geburtsnamen Hubert Achleitner – Schriftsteller Hubert von Goisern sowie der in mehrfachem Wortsinn „ruhelos Reisende[]“ Christoph Ransmayr.
Das Werk von Ilse Aichinger sei eine „in der deutschsprachigen Literatur kaum je in dieser Schärfe formulierte Symbiose aus Aufklärung, Reflexion, Präzision, Sprachkunst und poetischer Bildfindung“. Der späte, mit „Thomas Bernhard’scher Negation“ zu Werke gehende Bayr habe „Hoffnung“ als „,Denkinfarkt‘“ gesehen und der „Illusions- und Trostlosigkeit dieser Erkenntnis […] seine Dichtung entgegen[gesetzt]. Gauß setze „den vergessenen Dichtern und Opfern der historischen Katastrophen der letzten beiden Jahrhunderte ein Denkmal“ und rege eine „vorurteilsfreie Reflexion“ über zentrale politische Begriffe wie „Europa“, „Regionalismus“ und „Nationalismus“ an. Bei aller Unterschiedlichkeit „in Stil, Motiv und den Geschichten, die sie erzählen“ sei doch von Goisern und Ransmayr mit Blick auf das oft zur Idylle zurechtgelogene Salzkammergut „die Thematisierung alltäglicher Missstände sowie historischer Katastrophen, das Überschreiten der engen geografischen und ideellen Grenzen dieses bergumschlossenen Gebiets sowie die Infragestellung dessen, was gemeinhin als Wahrheit angesehen wird“, gemeinsam.
Schließlich die dritte, aufs Wahrnehmen und auf Ästhetisches fokussierte Gruppe. Hier sind vor allem H.C. Artmann und Peter Handke zu verorten.
Während der „Klang-Zauberer“ H.C. Artmann „mit sich und uns […] sein heiteres, tiefernstes Spiel mit tausend Worten und Bildern“ betrieben und dabei „seine Dichtung wie der Komponist eine große Symphonie“ instrumentiert habe, mit dem Ergebnis, dass seine Poesie „widerständiger sein [werde] als die Beschränktheit moderner Pragmatiker“, habe Handke das „Festhalten durch Schreiben“ zur „Hauptsache“ seines Schaffens gemacht. Handke habe Salzburg „eine Topografie“ gezeichnet, „wie sie die meisten jener, die sich ‚Einheimische‘ nennen, nicht kennen, nicht einmal erahnen“.
Abschließend knappe Hinweise zu den zusammen ca. 70 Seiten umfassenden, hier aus Raumgründen stiefmütterlich behandelten Kapiteln Fabulieren und fragen, Zerstörte Hoffnung und Kindsein.
Fabulieren und fragen bringt einen zeitenthobenen Moment zu Bewusstsein, in dem Nussbaumblätter von einem Baum „(ge)sprengt“ werden (Das Nussbaumblatt), fahndet nach dem „Suchen und seinen Zusammenhängen“ (Das Suchen suchen), erzählt von einer in alten Häusern nicht ungewöhnlichen Mitbewohnerin, einer Maus (Die Maus. Kleine Parodie) und denkt – Stichworte u.a.: „Avantgarde“, „Kreativität“, „Regietheater“, „Skandal“, „Event“, „Festspiele“ – über „[d]ie vielen Welten der Kunst“ (Titel) ebenso nach wie über Sprache, sprachlich Vielfalt und Literatur (Was bedeutet ein Wort?): „Literatur ist ein Fragekosmos“, ein „Global Player“.
Kämpferische Reflexionen über Kriegerdenkmäler (Kriegerdenkmal) und deren Funktion, über die Bücherverbrennung als „Vorspiel“ (Es war ein Vorspiel nur) v.a. für heutige Gräuel (mit einem wohl Steinwendtners Redesituation 2022 auf dem Salzburger Residenzplatz zuzuschreibenden recht einseitigen, recht wohlfeilen Putin-Bashing) sowie, aus eben diesem Anlass, eine „Diskussion zum Thema Krieg und Frieden“ mit Julya Rabinowich (Nicht schuld daran zu sein) machen das Kapitel Zerstörte Hoffnung aus.
Das letzte Kapitel Kindsein mit den Texten Stelzhamerstraßenland, Der Himmel über dem Stodertal und Träume dir dein Leben schön … handelt einerseits vom nicht idyllisierenden, vielmehr kritisch kommentierenden Erinnern einerseits: „[W]enn wir zurückdenken, knüpfen wir neue Zusammenhänge und formen eigene Bilder und glauben an eine Wirklichkeit, die wir uns erfinden“. Zum anderen weist es dem vorliegenden Buch – hier zitiert statt eines Fazits – seinen Ort zu:
Dieser Band gibt einen kleinen Einblick in die Arbeit von […] fast einem halben Jahrhundert. So sind die Geschichten und Überlegungen zugleich Zeitgeschichte, Teil des großen, vorübereilenden Stroms, den wir Leben nennen.
Passauer Neue Presse, Nr. 282, 5. Dezember 2024 Literatur macht das Bitterste zumutbar Drei Autoren beim Literaturtag in Schärding – Dichte Poesie und feinsinnige Reflexion Julian Schutting – Gerhard Zeillinger – Brita Steinwendtner … Brita Steinwendtner, 1942 in Wels geboren und in Hinterstoder aufgewachsen, Mitarbeiterin bei Hörfunk und Fernsehen, bis 2012 Intendantin der Rauriser Literaturtage, gilt, so der Literaturwissenschaftler Günther Helmes in seiner Einführung zu Steinwendtners Werk, als „Grande Dame“ der österreichischen Gegenwartsliteratur. Sie nimmt ihre Leserinnen und Leser mit auf Reisen zu den Wohn- und Wirkungsorten großer Literaten, zeichnet poetisch-feinsinnige Lebensbilder, schreibt aber auch historische Romane wie „Gesicht im blinden Spiegel“, in dem sie die Zeit von 1866 bis zum 1. Weltkrieg aus der Sicht der „kleinen Leute“ beschreibt. „An den Gestaden des Wortes“ ist eine fesselnde Darstellung von Dichterlandschaften. Aus vielen Jahren Gesammeltes und manch Neues hat sie in „Anlässe, Fragen und Träume“ zu einem Buch zusammengeführt, in dem die Poesie ihrer Sprache sehr fein nachgezeichnet ist, etwa in dem geradezu philosophischen Essay „Das Suchen suchen“, über den „Himmel über dem Stodertal“, aber auch in ihrer Schilderung der Lebenswelt des Autors Bodo Hell, der über 40 Jahre lang jeden Sommer auf einer Alm mit vielen Kühen und zehn Ziegen im Dachsteingebirge verbrachte und seit 9. August 2024 spurlos verschollen ist …